Rumäniens Beitritt in das Schengener Abkommen
Die Erfüllung formaler Voraussetzungen ist ohne Unterstützung von Außen nicht ausreichend
Nach dem Beitritt in die EU im Januar 2007, bemühte sich Rumänien umgehend um seine weitere Integration in Europa. Dies implizierte auch das Bekenntnis zu einer zukünftigen Aufnahme in das Schengener Abkommen, was dann sogleich als Priorität in Rumäniens und Bulgariens Aufnahmevertrag in die EU definiert wurde. Darüber hinaus war es auch Rumäniens ganz eigener Wunsch, sich in allen Formen der Zusammenarbeit zu engagieren, die eine tiefergehende Integration des Landes ermöglichen würde. Nichtdestotrotz hat Rumänien auch nach mehr als sechs Jahren dieses Ziel nicht erreichen können. Die wenigen Länder, die dem Beitritt ablehnend gegenüber stehen, weisen darauf hin, dass Rumänien bislang weder sein Korruptionsproblem, noch die Frage der Grenzsicherheit in Gänze lösen konnte. Da zum Beitritt neuer Mitgliedsstaaten die Zustimmung aller Ratsmitglieder vonnöten ist, steht Rumänien vor verschlossenen Türen. Es ist jedoch nicht alleine für diese Situation verantwortlich, auch wenn dies manche behaupten. Das die Europäische Union bislang versäumt hat, eindeutig Position zu beziehen, hat viele Menschen enttäuscht.
Beitritt abhängig von einstimmigem Beschluss der Mitgliedsstaaten
Wie bereits erwähnt,wurde der Prozess der Eingliederung in das Schengen-Gebiet während der Aufnahme Rumäniens in die EU eingeleitet. Am 28. Juni 2007 präsentierte Rumänien eine Vorbereitungserklärung, mit der es die Bereitschaft zur Schengen-Evaluierung bekundete, die den Integrationsprozess zur Aufnahme in das Schengen-Gebiet überwachen würde. Anschließend wurden Verhandlungen über drei Sachgebiete eröffnet: Visa-Angelegenheiten, polizeiliche Zusammenarbeit und Grenzsicherung. Zwischen 2009 und 2010 wurden diverse technische Begutachtungen durchgeführt, die darüber entscheiden sollten, ob Rumänien in den genannten Bereichen die erforderlichen Voraussetzungen für die Aufnahme in das Schengener Abkommen erfüllte. Im Juni 2011 entschied der Rat für Justiz und Inneres, dass der Evaluierungsprozess im Fall von Rumänien zu einem positiven Ergebnis gekommen sei, wonach es die Anforderungen erfüllen würde. Dies hatte einen positiven Einfluss auf das Europäische Parlament, das für die Aufnahme von Rumänien und Bulgarien stimmte.
Obwohl all dies den Eindruck vermittelte, dass Rumänien auf einem guten Weg war, wurde der Prozess mehrfach durch die Opposition verschiedener Mitgliedsstaaten blockiert. Unter anderem hat Deutschland im März 2013 seine Ablehnung gegenüber der Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in das Schengen-Gebiet geäußert, doch war das nicht das erste Mal, dass sich ein Mitgliedsland widerwillig zeigte. Vor Deutschland hatten bereits die Niederlande und Finnland die gleiche Position bezogen, wobei jedesmal als Argument die weiterhin bestehende Korruption genannt wurde. Infolge dieser Uneinigkeit der Mitgliedsländer kann weder Rumänien, noch Bulgarien sein Ziel erreichen, trotz all ihrer Bemühungen. Es ist der Prozess der einstimmigen Entscheidungsbildung, der wiederholt die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in das Schengen-Gebiet verhinderte. Das führt zu der Frage, was tatsächlich einer Reform bedarf: Die bestehenden inneren Zustände in Rumänien und Bulgarien, oder die Funktionsweise der Europäischen Union?
Der Kampf gegen Korruption – eine lange, intensive Schlacht
Die ersten Anzeichen von Widerstand gegenüber der Mitgliedschaft Rumäniens und Bulgariens zeigten sich im Jahr 2010, als Frankreich Immigranten, die der Bevölkerungsgruppe der Roma angehören, auswies und zur Rückkehr in ihre Herkunftsländer zwang. Dem folgte der bereits erwähnte Widerstand durch die Niederlande, Finnland und zuletzt Deutschland. Zur gleichen Zeit, ebenfalls im Jahr 2010, hat sich Rumänien dem verschärften Kampf gegen Korruption verschrieben. Dennoch muss man akzeptieren, dass Korruption nach wie vor eines der Hauptprobleme ist, die die Entwicklung des Landes bremsen. Sie ist zudem ein Relikt aus der Zeit des Kommunismus, unter dessen Herrschaft ein System blühte, in dem persönliche Beziehungen, familiäre Verbindungen und der Missbrauch von Macht gefördert wurde, und in dem der Begriff der Leistungsgesellschaft ein Fremdwort war. Seit dem Ende des Kommunismus jedoch, wurde in Rumänien der Kampf gegen Korruption zu einer der Prioritäten gemacht und er wurde gleichzeitig eines der Hauptziele auf dem Weg zur Integration in Europa. Was die Korruption an den Grenzen betrifft, so wurden verschiedenen Schritte unternommen, um dieses Problem zu bekämpfen. In allen öffentlichen Behörden und Einrichtungen, auch in jenen, die für Grenzkontrollen zuständig sind, wurden Kampagnen ins Leben gerufen, die darauf hinweisen, dass das Anbieten und das Annehmen von Bestechungsgeldern Straftaten darstellen. Zusätzlich wurden in den Grenzgebieten wiederholt Razzien durchgeführt, die gegen Korruption gerichtet waren; so auch 2011, als im Rahmen einer solchen Maßnahme zahlreiche Zollmitarbeiter der Korruption belangt wurden. Damals, 2011, wurden viele solcher Kontrollen durchgeführt, unter anderem auch im Hafen von Constanta. Wir können daraus erkennen, dass sich Rumänien aktiv am Kampf gegen Korruption beteiligt. Dennoch ist diese Praxis tief verwurzelt in den Einstellungen und dem Habitus vieler Rumänen und es dauert seine Zeit, um dies zu ändern.
Die Zukunft: augedehnte Verhandlungen
Die Frage nach dem Beitritt Rumäniens in das Schengener Abkommen ist weit davon entfernt, beantwortet zu sein. Der rumänische Präsident hat jedoch wiederholt betont, dass der Beitritt in das Schengen-Gebiet und die Einführung der Einheitswährung, wodurch die wahre Integration Rumäniens in Europa gewährleistet würde, die Hauptziele des Landes seien. Die Verhandlungen mit rumänischen Regierungsvertretern werden also fortgesetzt, doch wir müssen einsehen, dass nicht nur von rumänischer Seite unternommen werden müssen, sondern auch von Seiten der Europäischen Union. Deren Mitgliedsstaaten müssen sich miteinander verständigen, um Einigkeit zu erzielen.
Dieser Artikel präsentiert bewusst nur eine der zahlreichen, divergierenden Meinungen zu diesem kontroversen Thema. Sein Inhalt entspricht nicht zwingendermaßen der persönlichen Meinung seines Verfassers. Bitte sehen Sie hierzu Die Philosophie von Duel Amical.
Vor dem Beitritt müssen alle Voraussetzungen erfüllt werden
Deutschland hat den Beitritt Rumäniens in das Schengen-Gebiet abgelehnt mit dem Verweis auf „technische Probleme“, oder in anderen Worten, mit dem Verdacht auf Korruption auf nationaler Ebene. Schon zuvor haben die Niederlanden die Aufnahme Rumäniens abgelehnt und ihre Entscheidung mit „nicht zufriedenstellenden Ergebnissen“, was die Mechanismen der Zusammenarbeit und der Überprüfbarkeit betrifft, begründet. Aufgrund mehrerer Fälle von Korruption in den Zollbehörden und illegaler Grenzgeschäfte, sind die Chancen für einen baldigen Beitritt gering, was durch die Formierung einer Opposition auf nationaler Ebene zusätzlich erschwert wird. Diese Oppostiton wird angeführt von Außenminister Titus Corlăţean, der darüber in Streit geriet mit Präsident Traian Băsescu, nachdem dieser ihn aufgefordert hatte, seine Meinung für sich zu behalten. Die bestehenden Korruptionsvorwürfe rechtfertigen die Skepsis, mit der die Europäische Union den Bemühungen Rumäniens zum Beitritt in das Schengener Abkommen gegenüber steht.
Die EU entspricht nicht dem Schengen-Gebiet
Als Rumänien und Bulgarien 2007 der Europäischen Union beitraten, waren sich alle darin einig, dass beide Länder sowohl unter wirtschaftlichen, als auch organisatorischen Gesichtspunkten unter großen inneren Problemen litten. Obwohl seitdem enorme Fortschritte erzielt wurden, ist gerade Korruption - ein Relikt aus der Ära des Kommunismus - ein Bereich, in dem weitere Fortschritte nötig sind. Es gibt jedoch auch Vorbehalte gegenüber der Position, in der sich Rumänien gerade befindet: innerhalb der Europäischen Union, aber außerhalb des Schengen-Gebiets.
An dieser Stelle soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass das Gebiet der EU und die Schengen-Zone nicht identisch sind. Während die EU Zuschüsse und Beihilfen wirtschaftlicher Art gewährt, ist die Schengen-Zone eine Art Sicherheitsventil gegen Bedrohungen von Außen. Während die Bewertungen über Rumänien und Bulgarien zur Zeit ihres EU-Beitrittes im Jahr 2007 weitestgehend positiv ausfielen, malte die Realität ein anderes Bild. Den größten Anlaß zu Sorge bietet den westeuropäischen Ländern der Umstand, dass Rumänien und Bulgarien Länder mit Grenzen zu Regionen sind, die nicht zum europäischen Hoheitsgebiet zählen. Schmuggler aus der Türkei versuchen ihr Glück über Rumänien und Bulgarien, genauso wie Waffenhändler von und nach Moldawien. Außerdem ist Menschenhandel aus diesen beiden Ländern nach wie vor ein großes Problem. Die Sorge über zunehmende Kriminalität aus neuen Quellen ist eines der Hauptargumente der anderen europäischen Länder, und sie haben Recht. Das größte Problem sehen die europäischen Staatschefs, die die Mitgliedschaft Rumäniens und Bulgariens ablehnen, jedoch in der zu erwartenden Immigrationswelle nach dem Beitritt. Die konstant hohen Zuwanderungszahlen nach dem Fall des Kommunismus 1989 und 1990 lassen den Schluss zu, dass auch die Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten in das Schengener Abkommen eine ähnlich hohe Zuwanderungsrate zur Folge haben wird. Eine weitere mögliche Ursache für Probleme bietet der Umstand, dass weder Rumänien, noch Bulgarien bislang den Euro als Währung haben. Die Umtauschrate zwischen nationaler Währung und Euro wird das Niveau der Lebenshaltungskosten in beiden Ländern beeinflussen. Was die Aufnahme Rumäniens in die Schengen-Zone anbelangt, gibt es also eine Vielzahl von Gründen, die den Argwohn der betroffenen Mitgliedsländer sowie von Teilen der rumänischen Elite rechtfertigen.
Beitritt erst nach Niederschlagung der Korruption
Trotz der mittlerweile seit dem Niedergang des Kommunismus vergangenen Zeit ist es schwierig, die nach wie vor in der Gesellschaft anzutreffenden Gepflogenheiten zu verändern. Moralische Ansichten ändern sich nicht in dem gleichen Tempo wie die politische Situation. Das weit verbreitete Problem der Korruption auf nationaler Ebene wird man nicht lösen können, indem man Rumänien und Bulgarien so ohne weiteres die Mitgliedschaft gewährt. Die Bürger der benachbarten Länder sind der Ankunft von rumänischen und bulgarischen Mitbürgern gegenüber misstrauisch eingestellt, und wenn man sich nicht angemessen darauf vorbereitet, wird diese neue Situation dazu führen, dass die Neuankömmlinge es schwer haben werden, akzeptiert zu werden. Die von der britischen Presse betriebene Kampagne kann hierbei als Beispiel für die Abneigung in davon betroffenen Ländern verstanden werden. Der Korruptionsskandal von 2011, der für Dutzende Zollbeamte weitreichende Folgen hatte, macht deutlich, dass Korruption nach wie vor ein Thema ist, mit dem man sich auseinandersetzen muss. Das bestehende System, das teilweise immer noch wie in kommunistischen Zeiten auf der Verteilung von Machtverhältnissen nach Familienzugehörigkeit beruht und in dem rechtswidrige Geschäfte von Politikern geduldet, ja unterstützt werden, zeigt, dass Rumänien weitere Reformen und Veränderungen vornehmen muss, wenn man einer solch bedeutenden Institution wie der Schengen-Zone beitreten möchte.
Rumänien unternimmt viele Anstrengungen, um Teil des Schengen-Gebiets zu werden, aber diese reichen nicht aus. Die Gesellschaft muss sich weiter entwickeln, um die Standards zu erfüllen, die man von Bürgern eines Rechtsstaates erwarten kann. Wir müssen damit aufhören, „Behälter ohne Inhalt“ zu entwickeln. Deshalb wäre es weise, abzuwarten bis alle Kriterien für einen Schengen-Beitritt anstandslos erfüllt werden, anstatt eine Entscheidung übers Knie zu brechen, die sich nachher für alle Beteiligten als unglücklich erweist.
Dieser Artikel präsentiert bewusst nur eine der zahlreichen, divergierenden Meinungen zu diesem kontroversen Thema. Sein Inhalt entspricht nicht zwingendermaßen der persönlichen Meinung seines Verfassers. Bitte sehen Sie hierzu Die Philosophie von Duel Amical.
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